Institut für Ur- und Frühgeschichte Universität Freiburg

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Römischer Kupferbergbau in Deutschland:
Neue Ausgrabungen am Emilianusstollen in St. Barbara (Saarland)

von Andreas Brunn

Untersuchungen 1993

Bei der Ausgrabung im Sommer 1993 wurden vom Verfasser beide Plätze auf eventuell vorhandene Grubeneingänge hin überprüft. Zusätzlich konnten die Stratigraphie der Halde untersucht sowie ein Teil des unteren Stollens freigelegt werden.

Unterhalb der Bergehalde des oberen Stollens befindet sich eine parallel zum Inschriftfelsen verlaufende Felswand. Aus der etwa 3 m hohen Buntsandsteinstufe tritt Wasser aus, das sich in einer sumpfigen Stelle sammelt, bevor es durch eine Erosionsrinne abfließt. Weiterhin ist im Fels deutlich eine rundliche Einbuchtung zu beobachten, die etwa in der projizierten Verlängerung des unteren Stollens liegt. Da analoge Umstände zur Auffindung des oberen Emilianusstollens führten, wurde das Mundloch des unteren Stollens zunächst an dieser Stelle gesucht.

Neben einer Trockenmauer, die in den letzten Jahrzehnten als Fundament für zwei große Wassertanks gedient hatte, wurde unmittelbar vor der Einbuchtung ein Testschnitt angelegt. Eine an dieser Stelle freigelegte Steinsetzung aus großen, behauenen Sandsteinblöcken ist allerdings rezent, wie darunterliegende Stahlbetonplatten und moderner Abfall zeigen. Sie ist vermutlich gleichzeitig mit der Trockenmauer entstanden. Die Einbuchtung in der Felswand endet ohne weitere Fortsetzung in einer leichten Vertiefung. Werkzeugspuren konnten dort trotz intensiver Beobachtung nicht festgestellt werden. Es handelt sich daher mit Sicherheit nicht um die Folge von Bergbauaktivitäten, sondern um eine natürliche Erosionserscheinung. Ebenso ist der Wasseraustritt nicht auf eine unterirdische Kanalisierung durch ein altes Stollensystem zurückzuführen, sondern auf das Vorhandensein einer horizontal in den porösen Sandstein eingelagerten Stauschicht aus Lettenlehm.

Zwei weitere Suchschnitte wurden im westlichen Teil der großen Bergehalde des oberen Emilianusstollens angelegt. Im tieferen der beiden Schnitte an der südöstlichen Haldenflanke konnte das Haldenmaterial bis zum anstehenden konglomeratischen Buntsandstein in mehr als 4 m Tiefe abgetragen werden. Die steil abfallende Felsoberfläche zeigt in diesem Bereich eine Einbuchtung bzw. Unterhöhlung. Hier sind grünlicher und rötlicher Lettenlehm direkt an den Fels angelagert. Ein Wasseraustritt zwischen Lehm und Fels könnte als Indiz für die unmittelbare Nähe des Stollenmundloches gewertet werden, es muß jedoch aufgrund fehlender weiterer Hinweise - etwa Werkzeugspuren - von einer natürlichen Erscheinung ausgegangen werden (evtl. Abbruchkante eines herabgestürzten Felsblocks).

Die Stratigraphie der Haldenschichten stellt sich erwartungsgemäß als Abfolge von Aufschüttungen dar und zeigt zwei deutlich zu unterscheidende Bereiche. Während die Schichten in den oberen 2 m hauptsächlich aus grobstückigem Voltziensandstein bestehen, der teilweise noch Azuritminerale enthält, fehlt dieser in den tieferliegenden, lehmig/sandigen Schichten fast völlig. Diese beiden Bereiche sind durch große Sandsteinblöcke an der Oberkante der obersten Lehmschicht klar getrennt.

Insgesamt erbrachte die Ausgrabung in der Halde nur sehr wenig Fundmaterial. Im humosen Oberboden fanden sich römische, mittelalterliche und neuzeitliche Keramikscherben. In einer darunterliegenden ungestörten Haldenschicht konnte eine römische Wandscherbe geborgen werden; die tiefer liegenden Schichten sind völlig fundleer.

Die Halde wäre somit in die römische Zeit zu datieren. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß die römische Keramikscherbe bei den erneuten Abbauversuchen der Gesellschaft Pauls Hoffnung zusammen mit Material aus der Verfüllung des Emilianusstollens auf die Halde geriet. Man muß aber davon ausgehen, daß lediglich die obersten Haldenschichten die Folge des erneuten Abbauversuches sind, während die unteren Schichte mit einiger Sicherheit in römischer Zeit aufgeschüttet wurden.

Daraus und aus dem Umstand, daß die Haldenschichten insgesamt ungestört sind, folgt, daß das Mundloch des unteren Stollens nicht an dieser Stelle liegen kann. Läge hier ein von der römischen Halde überdeckter Grubeneingang, so müßte diese Grube älter sein als die Halde und der obere Stollen. Hierfür liegen jedoch keinerlei Hinweise vor.

Die topographische Situation deutet vielmehr auf eine Lage des Mundloches im Bereich der Erosionsrinne hin. Dies könnte man überprüfen, indem man das Wasser im unteren Stollen mit Färbemittel versetzt und über einen längeren Zeitraum hinweg an verschiedenen Wasseraustritten am Hang Proben nimmt. Da das Grubenwasser langsam aber stetig abfließt, müßte die Farbsubstanz in den Proben nachweisbar und das Mundloch auf diese Weise zu lokalisieren sein.

Ungleich aufwendiger, aber mit Sicherheit erfolgreich, wird die vollständige Freilegung des unteren Stollens von innen sein. Bereits 1992 unternahm Dr. N. Engel aus Wallerfangen einen Versuch zur Sümpfung des dazugehörigen Schachtes, dem bisher einzigen Zugang zum unteren Stollen. Er räumte den Schacht dabei bis 0,70 m unter der Stollensohle aus, mußte die Arbeiten aber wegen heftiger Niederschläge einstellen. 1993 konnte der Schacht schließlich völlig freigezogen werden. Er reicht etwa 1,20 m unter die Stollensohle, hat also eine Gesamttiefe von ca. 8 m. Die Stöße des Rundschachtes (Durchmesser ca. 1 m) sind fast vollständig mit Spuren von Schlägel und Eisen bedeckt. Rinnenartige Vertiefungen in unregelmäßigen Abständen erscheinen auf den ersten Blick künstlich angelegt, sind jedoch die Folge der Auswaschung kleinerer Lehmlinsen.

Der Abschnitt des unteren Stollens, in welchen der Schacht mündet, wurde in südlicher Richtung auf einer Länge von 3,40 m freigelegt. Der Streckenquerschnitt ist etwa rechteckig bzw. trapezoid mit abgerundeten Ecken (Abb. 5). Die Firsthöhe beträgt ca. 1,70 m; die Breite der Sohle schwankt zwischen 1,10 m und 1,20 m, während die Firste in diesem Bereich durchgängig 0,90 m breit ist. Wie im oberen Stollen konnten auch hier kleine senkrechte Vorsprünge in den Stößen beobachtet werden, welche die einzelnen Vortriebsetappen anzeigen. Die Gezähespuren sind vor allem in den Stößen gut erhalten und zeigen, daß der untere Emilianusstollen von Süd nach Nord, also von außen her in den Berg vorgetrieben wurde. Der Ausgangspunkt der Vortriebsarbeiten war demnach nicht der Schacht, es muß deshalb ein Mundloch vorhanden sein.

In der Verfüllung des Stollens lassen sich gut zwei verschiedene Bereiche unterscheiden: Die unteren 0,90 m nimmt eine Schicht aus rötlich-ockerfarbenem, lehmig-sandigem Material mit zahlreichen Sandsteinbrocken (Durchmesser bis zu 0,60 m) ein. Eine durch abfließende Grubenwässer in diese Schicht eingeschnittene, bis zu 0,30 m tiefe Erosionsrinne ist mit hellgrauem, sandigem Lehm und kleinen Kieseln bzw. südlich des Schachtes mit schwarzbraunem, humosem Lehm verfüllt. Darüber liegt eine Schicht grauen Lehms mit Kieseln. Die Mächtigkeit der untersten Schicht und die darin enthaltenen großen Sandsteinbrocken lassen vermuten, daß dieses Material intentionell als Versatz eingebracht wurde. Wann dies geschah, ist allerdings noch unklar, da diese Schicht bislang fundleer war. Hingegen können die lehmigen oberen Schichten, die ausschließlich rezentes Fundmaterial enthalten, als Sediment angesprochen werden, das nach der ersten Freilegung des Schachtes seit den 60er Jahren eingeschwemmt wurde.

Obwohl also der untere Stollen nicht durch Funde direkt datierbar ist, ergeben sich durch die Vermessung Anhaltspunkte zur funktionalen Einheit und damit zur Gleichzeitigkeit von unterem und oberem Stollen. Der untere Stollen schließt an keiner Stelle die Vererzung auf. Er wurde aus diesem Grund in der Vergangenheit als aufgegebener Prospektionsstollen interpretiert. Sein starkes Gefälle spricht jedoch eher für eine Funktion als Wasserlösungsstollen, in dem die Vortriebsarbeiten eingestellt worden waren, bevor der Durchschlag zum oberen Stollen erfolgte. Die Ursache hierfür ist unbekannt; es wäre denkbar, daß mit der Anlage des unteren Stollens begonnen wurde, als im oberen die Vererzung erreicht war, und der Abbau begann. Möglicherweise war vor der geplanten Verbindung von Wasserlösungsstollen und Abbau die Vererzung bereits so weit ausgebeutet, daß sich ein Durchschlag nicht mehr lohnte. Eine weitere Möglichkeit ist eine Unterbrechung des Grubenbetriebes aus unbekannten Gründen für mehr als sechs Monate, was den Verfall der Konzession zur Folge gehabt hätte.

 

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