Institut für Ur- und Frühgeschichte Universität Freiburg

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Die Stadtmauern von Waldkirch
Von Andreas Haasis-Berner M.A.

B: Die zweite Stadtmauer

Zu dem Bau der zweiten Stadt gibt es keine Quellen. Vermutlich ist die Lage des Inschriftensteines im Haus Lange Straße 18, auf welchem »Anno 1451 verbrant die stat« steht dahingehend interpretiert worden, daß dieses Haus erst nach dem Mauerbau errichtet wurde. Die Mauer soll nach dem Stadtbrand gebaut worden sein.

Der Zirkelschluß ist offensichtlich. Der Stadtbrand ist auch aus einer Urkunde des Jacob von Staufen vom 6.8.1459 belegt. In dieser Urkunde bestätigt er das Recht der Schneider und Wattleute, sich zu einer Bruderschaft zusammenzuschließen. Der ursprüngliche Brief sei bei dem Brand 1451 vernichtet worden[38].

Auch die Annahme, daß die zweite Mauer stärker gewesen sein soll, ist unklar.

Neuere Baubefunde fehlen fast vollständig. Nur die Photographien des Unteren Rondelles gewähren Einblick in die Bausubstanz.

Der erste Stadtplan Waldkirchs zeigt den Verlauf der zweiten Mauer. Im Süden, Westen und Osten sind Mauerzüge vorhanden, ferner sind zwei Rondelle sind eingezeichnet. Allerdings ist der Mauerring nicht vollständig geschlossen. Die Mauer auf der Ostseite reicht bis zum Marktplatz, im Westen bis zur NW-Ecke. Die Nordseite der Stadt war nicht von einer Mauer geschützt. Tore o.ä. sind nicht vermerkt.

a) Tore

Oberes Törle

Ungefähr 10m von der ersten Mauer nach Osten hin wurden weitere Reste einer 7m langen Mauer gefunden, die von West nach Ost verlief. Das östliche Ende der Mauer stimmt mit dem Verlauf einer vor wenigen Jahren entdeckten, nach Süden anschließenden Mauer überein. Die Datierung fällt schwer, doch dürfte es sich nach der im Fundamentbereich geborgenen Keramik um einen Bau des 15.Jh. handeln. Dank des Entgegenkommens des städtischen Tiefbauamtes konnten die Baupläne derart abgeändert werden, daß die Mauer erhalten werden konnte. Obwohl die Mauer fast einen Meter dick ist und gut fundamentiert wurde, scheint es sich weniger um die Fundamente einen Turmes gehandelt zu haben, sondern um den Anschluß der zweiten Mauer an die erste. Dennoch sollte die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß dieser Bereich doch mit einem größeren Gebäude geschützt war. Die archäologische Untersuchung musste unter großem Zeitdruck erfolgen, sodaß diese Fragen nicht befriedigend beantwortet werden können.

Unteres Tor

Am Unteren Tor war offensichtlich kein weiteres Tor vorgesehen. Ein Plan von 1817 vermerkt hier nur einen Schlagbaum, sowie die Mauer und einen Stadtgraben.

b) Türme

1.) Oberes Rondell

Mit dem Dreissigjährigen Krieg scheint die Funktion der Mauer ihren Sinn verloren zu haben. Auch aus der Not hraus geboren ist sicher der Gedanke, das Obere Rondell 1648 zum Bau von Backhäusern abzutragen[39]. Offensichtlich wurde dieser Plan nicht ausgeführt, da 1710/20 auf dem Oberen Rondell eine Brennhütte errichtet werden soll. Auch dieses Unternehmen wurde nicht in die Tat umgesetzt.

1737 wird die Stadt Waldkirch befragt, ob in dem Rondell ein Haus errichtet werden darf. Auch über dieses Vorgang ist weiter nichts bekannt. 1759 wird das Gemäuer zur Reparatur von Spritzen eingerichtet. 1768 soll es zu einem Gießhaus ausgebaut werden. 1769 ist der Gürtler Bartholomäus Dufer hier mit seiner Löffelmacher-Werkstatt untergekommen. Er hat es von der Stadt für 10 Jahre gepachtet. 1798 wird das baufällige Haus als Wohnung erneuert. Wann das Obere Rondell endgültig angetragen wurde, ist nicht bekannt. Heute steht ein modernes Wohnhaus an seiner Stelle.

2.) Unteres Rondell

Nach der Schleifung der Befestigung wird vom Rondelll weniger mehr als eine Ruine übriggeblieben sein. 1736 baut Johann Rindsjehlen im unteren Rondell eine Wohnung. Dieses Haus wurde 1912 abgerissen[40]: Das Rondell an der Ringstraße wird aufgedeckt und glücklicherweise photographiert. Als das heutige Kino 1926 gebaut wurde, konnten die Reste des Rondelles wieder beobachtet werden. Da die Fundamente des Turmes nicht restlos abgetragen wurden, stecken sie noch heute unter der Treppe des Kinos und der davorliegenden Straße.

Das Photo zeigt den Stumpf eines mächtigen Turmes aus Buckelquadern mit einer kleinen, fast ebenerdigen Schießscharte. Nach Norden hin setzt sich eine Mauer fort, die ähnlich der ersten Stadtmauer erbaut ist (abwechselnde Lagen von großen und kleinen Geröllen). Auch die Verwendung der Buckelquader spricht eher gegen eine Entstehung in der Mitte des 15.Jh., da sich mit dem Aufkommen der Kanonen diese Bauform als ungünstig erwiesen hat.

3.)

Am wenigsten wissen wir von dem Rondell im Nordwesten der Stadt. Es wird 1733 erwähnt, 1734 soll ein Häuschen darin erbaut werden. Die Lagebezeichnung ist mit »Haus am oberen Schwibbogen« eindeutig. Möglicherweise steckt in dem heutigen Haus der Rest des Rondelles, da ein runder Anbau sichtbar ist.

Auf dem Plan von Anton Bühler aus dem Jahre 1794 sind nur drei Türme eingetragen. Außer dem Rabenturm der inneren Mauer die erwähnten Rondelle- das oberen und das untere.

c) Mauer

Nach dem Stadtplan von 1795 ist klar zu erkennen, daß die zweite Stadtmauer nur auf der West- und Südseite vorhanden war. Die Bauweise ist bislang über die Beobachtungen im Zuge der Sanierung der Gartenstraße und durch die Photographie des Jahres 1912 erkennbar. In der Gartenstraße wurde eine 50cm dicke Mauer in der Flucht der heutigen Straße festgestellt.[41]

Beim Abriß des Rondelles in der Ringstraße wurde auch ein Stück der nach Norden verlaufenden Mauer freigelegt. Die Bauweise dieser Mauer entspricht der Technik der ersten Stadtmauer: Abwechselnde Lagen von großen und kleinen Geröllen bestimmen das Bild.

d) Gräben

Auf dem Stadtplan von 1795 sind keien Stadtgräben eingezeichnet. Nur auf dem schon erwähnten Plan von 1817 wird der »innere« und der »äußere« Stadtgraben dargestellt. Archäologische Befunde gibt es hierzu nicht. Mangels weiterer Quellen kann zu diesem Punkt weiter nichts ausgesagt werden.

e) Orthäuser

1.) Am Oberen Tor

Am Oberen Tor springt das Haus vor dem Hirschen um ca. 7m in die Straße vor[42], also wesentlich weiter als heute.

Auf dem ersten Stadtplan Waldkirchs von Anton Bühler aus dem Jahre 1794 ist nur südlich der heutigen Lange Straße ein Orthaus eingezeichnet.

Seit 1851wurde hier eine Seifensiederei betrieben[43]. 1898 brannte das stattliche Haus ab[44]. Als das Haus neu erbaut wurde, legte ddie Stadt Waldkirch großen Wert auf eine Verbreiterung der Straße, mit der Folge, daß die Hausflucht um 5m zurückgesetzt wurde. Bei Bauarbeiten 1995 und 1996 konnten die Grundmauern dieses Hauses erkannt werden. Allerdings wurden diese im Zuge der Bauarbeiten entfernt. Interessant ist die Beobachtung, daß die Verfüllung u.a. aus Schlacke bestand. Dies weist auf die Nähe eines Schmiedes hin. Ob die Verfüllung beim Abbruch des Hauses 1898 erfolgtem oder noch früher, kann aufgrund der geringen Anzahl geborgener Keramik nicht entschieden werden.

Weder am Walkertor, noch am Oberen Tor, noch am Oberen Törle gibt es derzeit einen Hinweis auf ein Orthaus.

Es ist auffallend, daß in den ab dem 17.Jh. vermehrten Nennungen zur Stadtbefestigung nur die »alte« Mauer und die Tore genannt werden. Es scheint bei dem Bau der zweiten Mauer nicht zu einem Bau von Toren gekommen zu sein. Welchen Zweck die zweite Mauer dann hatte, wie die Anschlüsse an die innere Mauer waren, und ob dieser Mauer überhaupt eine ernstzunehmende Funktion zuzuschreiben war, ist unklar. Bemerkenswert sind die Eckrodelle.

 

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