Institut für Ur- und Frühgeschichte Universität Freiburg
»Gold und Silber lieb' ich sehr...« Die Geschichte des Bergbaus rund um den Kandel (Elz-, Glotter-, Simonswälder- und Brettenbachtal) |
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Von Andreas Haasis-Berner M.A. |
12. DIE SAGE VOM UNTERGANG DES SUGGENTALES Zur Entstehung der Sage und ihrem Wahrheitsgehalt : Die Sage zum Untergang des Suggentales wurde am Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals gedruckt. Diese Fassung geht auf das Manuskript des Isaac Trantenbach zurück, welches 1777 aufgetaucht ist. Bis zu diesem Zeitpunkt existierten nur knappe Berichte über ein Unglück im Suggental, die alle ohne Unterschied stark moralisierenden Charakter haben (s.a. Anm.15). Die historischen Ereignisse: Die Sage geht auf zwei Ereignisse zurück, die miteinander verschmolzen wurden. Am 14.Juli 1288 verwüstete ein Unwetter das Bergwerk. Der Betrieb wurde allem Anschein nach wieder aufgenommen. 1297 zerstörten elsässische Truppen die Silbergruben im Glottertal und in benachbarten Tälern. Damit kann auch das Suggental gemeint sein. Dieses Ereignis bedeutete das weitgehende Ende des Bergbaus in dieser Region. In den ersten Erwähnungen im 16. Jahrhundert sind beide Ereignisse schon nicht mehr getrennt. Die Gründe für die Zerstörung der Gruben werden mangels besseren Wissens als Gottesgericht beschrieben. Als Sühne für die fehlende Ehrerbietung gegenüber einem Priester soll das Tal verwüstet worden sein (Crusius 1546, Annales suevicorum; Spondanus 1659, Annales ecclesiasticum; P.Abraham a Santa Clara 1689, Judas der Erzschelm). In diesem Sinne wird die Erzählung bis ins späte 18. Jahrhundert überliefert. Erst mit dem Wunsch, aus der Sage Kapital zu schlagen, wurde diese stärker ausgeschmückt. In diesem Bericht wird erstmals das vermeintliche Datum "15.Mai 1298" erwähnt, für das es vorher keinerlei Hinweise gibt. Es kann kein Zufall sein, daß die ausgeschmückte Sage ein Jahr nach der Wiederaufnahme des Bergbaus im Suggental auftaucht. Die Sage spiegelt vor, das Bergwerk sei in voller Blüte versunken, ein Abbau daher noch lohnend. Während dem Unwetter von 1288 angeblich 300 Personen zum Opfer fielen, was von Johannes von Winterthur übernommen wurde, wird ab 1584 (Anniversarbuch der St.Margarethenkirche) übereinstimmend von 150 Personen gesprochen. Erst Trantenbach spricht wieder von 300 Bergleuten, welche in diesem Tal arbeiteten. Die Ertrunkenen sollen in Buchholz begraben sein, obwohl im Mittelalter die Bergleute über eine eigene Kirche mit Friedhof verfügten. Auch wenn dieser recht klein ist, kann die Bestattung aller Toten in Buchholz nicht erklärt werden. So kann dieses Element vielleicht dahingehend interpretiert werden, daß in Buchholz im 16. Jahrhundert (oder früher) ein älterer Friedhof angeschnitten wurde, vielleicht sogar ein frühmittelalterlicher. Zwar war in der Bevölkerung das Wissen um das Unglück noch immer vorhanden. Doch erfuhr die Sage im 18. Jahrhundert erhebliche Ausschmückungen. Ziel war, den potentiellen Geldgebern vorzugaukeln, innerhalb kürzester Zeit könnten aus dem Bergwerk große Gewinne erzielt werden. Als Beweis für das Unwetter wurde auch auf eine bemerkenswerte Verfärbung an der Kirchenwand verwiesen. Diese Marke auf Höhe der Fensterbänke soll den Wasserstand nach dem Unwetter markieren. Da ein Aufstauen bis in diese Höhe aufgrund der Topographie unmöglich ist, wird hier eine andere Deutung vorgeschlagen. Im 18. und frühen 19. Jahrhundert werden die Klagen über den feuchten Untergrund der Kirche immer lauter. Dieser Mißstand führte zur Zerstörung der Steinplatten, zum Verfaulen der Kirchenbücher und -bänke. Schließlich wurde die Kirche 1835/36 abgebrochen.[79] Bei der Hochwassermarke dürfte es sich daher um eine Baunaht handeln, welche durch die in der Wand aufsteigende Feuchtigkeit zutage trat. Die heute in der Sakristei sichtbare Marke, wurde anlässlich der Restaurierung 1977, nachdem ein Fenster freigelegt wurde, auf der Grundlage der Sage nachträglich angebracht. Die übrigen Angaben der Trantenbach' schen Quelle sind - was die topographischen Beschreibungen angeht - zum größten Teil richtig. Auch ist der Hinweis auf die Goldvorkommen am Hornbühl korrekt. Allerdings wird in einer sehr freien Weise mit den historischen Daten umgegangen. Beginnend mit dem ältesten Datum 1099, in welchem Jahr ein Schmelzwerk an der Elz gebaut worden sei. Abgesehen von der leicht erkennbaren Tatsache, daß kein Hüttenbesitzer seinen Betrieb unmittelbar an die wilde, zu Hochwassern neigende Elz gebaut hätte, macht die Jahreszahl stutzig. Sie steht in großer Nähe zur Gründung der Stadt Freiburg 1091. Möglicherweise sollte so der Eindruck erweckt werden, die Gründung der Stadt Freiburg stehe in engem Zusammenhang mit dem Bergbau im Suggental. Dieses Schmelzwerk sei 1218 abgebrannt. Jeder, der sich ein wenig mit der Breisgauer Geschichte auskennt, weisß, daß in diesem Jahr der Herrschaftswechsel von den Zähringern zu den Grafen von Freiburg stattfand. Offenbar paßten Angaben zu Unruhen und Zerstörungen in jenem Jahr in das Bild der Zeit, daß Herrschaftswechsel nicht friedvoll abgehen. Die Sage enthält zwar einen wahren Kern, bei der Ausgestaltung griff Trantenbach auch auf historische Quellen zurück, vermischte aber deutlich Dichtung und Wahrheit in unlauterer Absicht. Die Sage ist nicht als glaubwürdige Quelle für die mittelalterlichen Geschehnisse anzusehen. Zu diesem Ergebnis kamen alle, die sich mit dieser Sage wissenschaftlich beschäftigt haben. 13. UMFANGREICHER BERGBAU IM GLOTTERTAL Der Bergbau ging im Glottertal vielleicht schon zur Römerzeit um. Ein reicher Gangzug befand sich im Bereich Badbächle/Eichberg/Kappenbühl, wie durch die Existenz mehrere sehr großer Halden und weiterer Bergbauspuren erkennen ließ.[80] Allein die obere Halde am Kappenbühl umfaßt ca. 30 000 cbm. Die untere Halde am Kappenbühl (Scharbachhof) sowie die am Eichberg waren ebenfalls sehr umfangreich. Sicheren Boden betreten wir durch die Datierung eines außergewöhnlich großen Schmelzplatzes am Talausgang ("Schweizermatten"). Indirekt wird dadurch der umfangreiche Bergbau am Ende des 12. Jahrhunderts nachgewiesen.[81] Auch der Name "herzogenberg" als Revier verweist auf eine Entstehung spätestens im 12. Jahrhundert, da die Linie der Herzöge von Zähringen 1218 erloschen ist. Lesefunde südlich des Eichberges, nordöstlich des Kappenbühles und auf mehreren Schmelzplätzen zeigen, daß auch im 13. Jahrhundert der Blei-Silberbergbau in großem Umfang betrieben wurde. Durch die dazugehörigen Schmelzwerke hatte das Tal ganz im Gegensatz zu heute reinen Industrie-Charakter. Das Gebiet nördlich der Glotter gehörte weitgehend zu Konstanz. Ausgenommen war das Gebiet zwischen Kirche und Lossele, welches den Schwarzenbergern gehörte, und Lauterbach, das heutige Glotterbad. Dieses Tal gehörte zu St.Peter, jenem von den Zähringern gegründeten Kloster.[82] Möglicherweise ist der Name Lauterbach von "Laitenbach" herzuleiten, einer Bezeichnung für einen Erzgang, welcher in Bergbaugebieten häufig vorkommt.[83] Unter dem Blickwinkel des Bergbaus scheint sich hier eine Erklärung für die auffälligen Besitzverhältnisse zu ergeben. Ob dies auch für den Schwarzenberger Teil zutrifft, ist möglich.[84] Südlich der Glotter hatten die Falkensteiner und das Einsiedler Kloster Rechte. Das Wasser des 1284 gebauten Urgrabens wurde auch am "herzogenberg", der mit dem Eichberg zu identifizieren ist, genutzt. Im Jahre 1297 zerstörten die Elsässer einen großen Teil der Silbergruben und entführten die Bergleute, was der Entwicklung nachhaltig schadete (s.a. Anm. [66]). Da der Bergbau sicher unter die Talsohle vorgedrungen war, wird die im Zuge dieser Auseinandersetzung erfolgte Zerstörung der Wasserkünste ein vollständiges Absaufen der Gruben zur Folge gehabt haben. Ohne das technische Know how und ohne die Bereitschaft, zur Aufwältigung wieder riesige Summen auszugeben, konnten die tiefen Abbaue nicht wieder flott gemacht werden. Daher wird der folgende Bergbau nur noch die oberen Lagerstätten betroffen haben. Obwohl 1309 und 1372 noch Bergbau erwähnt wird, dürfte dieser wesentlich geringeren Umfang gehabt haben, als im 13. Jahrhundert.[85] In einer Quelle von 1314 wird ein Freiburger Bürger erwähnt, der ein Haus in der Neuburg besaß, der nördlichen Vorstadt Freiburgs. Dieser Mann wurde als der verstorbene "Würker von Gloter" bezeichnet.[86] "Würker" bedeutet in diesem Zusammenhang eine Person, die eine Schmelzhütte betreibt. "Wurkhof" war die Bezeichnung für ein Gebäude, in welchem die Erze aufbereitet und verhüttet wurden. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts werden Flurstücke zwischen der Einmündung des Föhrentalbaches und Denzlingen mit "Bluwel" (=andere Bezeichnung für Schmelzhütte), Luckhaufen (=Schlackenhaufen) etc. beschrieben. Hier befand sich auch das "Schmelzgässlin" und standen die "smelzhoeven". Ein Hof des Ulrich dem Mezziger gehörte zuvor dem Münzmeister, der einer reichen Freiburger Familie entstammt, deren Name mit ihrem Beruf aufs engste zusammenhängt. In der Nähe des Wisserhofes gab es einen Münzbach. Die Verhüttung der Erze soll nach mündlicher Überlieferung im Bereich der heutigen Mattenmühle stattgefunden haben. G.Gassmann konnte bei Begehungen im westlich der Mattenmühle gelegenen Gewann "Reisenerhägle" Eisenerzverhüttungsschlacken finden, ohne allerdings das Zentrum lokalisieren zu können. Daher ist der mündlichen Überlieferung einige Glaubwürdigkeit zuzubilligen. Alles in allem zeigt sich, daß zu dieser Zeit der Bergbau deutlich die Landschaft und die Wirtschaft geprägt hat. Auch die archäologischen Funde sprechen eine deutliche Sprache. Mittlerweile sind im Glottertal 11 Schlackenplätze bekannt. Allein zwei davon (Luckhaufen und Schweizermatten) zählen jeweils zu den größten des Schwarzwaldes! Aufgrund von Keramik und naturwissenschaftlichen Untersuchungen können diese Plätze in das späte 12. Jahrhundert bis ins 14. Jahrhundert datiert werden. 1372 wird ein "Henni Kuchener von Gloter" als Bergmann des Grafen von Freiburg im Zusammmenhang mit der Ausarbeitung des Disselmuter Bergweistums erwähnt. Dieses Weistum schrieb die Rechte und Pflichten der Bergleute in den gräflichen Revieren fest. Nur wenige Hinweise gibt es auf eine kurze Phase in der Zeit um 1500 am Eichberg.[87] Diese Phase steht sicher im Zusammenhang mit dem allgemeinen Aufschwung im Bergbau durch den Einfluß Kaiser Maximilians. Die Stollen am Wisserhof haben einen Querschnitt, wie er für mittelalterliche Stollen typisch ist, sie wurden allerdings auch später vergrößert. Auch 1680 wurde im Glottertal Silber abgebaut, wie aus einer kurzen Notiz hervorgeht.[88] Im 18. Jahrhundert begann eine neue Phase des Bergbaues auf Eisen am Wisserhof, allerdings mit geringem Ertrag.[89] Auch der Versuch, Baryt abzubauen, blieb ohne großen Erfolg. Seit über hundert Jahren ruht der Bergbau im Tal. Weitere Bergbauspuren gibt es am Flammeck im Föhrental[90], am Schloßdobel[91] und beim Lindingerhof.[92] Die ausgeprägten Bergbauspuren, die Hinweise auf ein mächtige Vererzung am Eichberg/Kappenbühl, die großen und zahlreichen Schmelzplätze, der kostspielige Bau des Urgrabens, die enormen Summen, die für den Erwerb des Nutzungsrechtes am Mooswald gezahlt wurden und die Tatsache, daß die Elsässer gerade diese Gruben zerstören, um den Freiburger Grafen zu bestrafen, zeigen deutlich, daß dieses Revier im Mittelalter zu den bedeutendsten Revieren des Schwarzwaldes gezählt werden muß. Um so bemerkenswerter ist, daß dieser Sachverhalt in der einschlägigen Literatur bislang so gut wie keine Beachtung fand. 14. HEUWEILER, ZÄHRINGEN, HERDERN Östlich von Heuweiler befindet sich ein Eisenerzgang, welcher nachweislich im 18. Jahrhundert im Abbau stand. Das Erz wurde in Kollnau verhüttet.[93] Der Bergrichter Berger betrieb damals sogar einige Jahre in eigener Regie ein Bergwerk. Für das kleine Revier von Zähringen-Wildtal gibt es bislang nur wenige schriftliche oder archäologische Quellen. Als bei Grabungen auf dem Zähringer Burgberg großflächige Planierungen festgestellt wurden, diente dieser Befund als Hinweis auf den von den Römern betriebenen Bergbau auf dem Berg.[94] Allerdings dürfte die Planierung erst in der Spätantike bzw. dem Frühmittelalter stattgefunden haben, als das Gebiet der direkten römischen Verwaltung weitgehend entzogen war. Die Blütezeit des Reviers dürfte entsprechend der allgemeinen Entwicklung im Südschwarzwald im Hochmittelalter gelegen haben. Bei Aufwältigungsarbeiten im Gewann "Schemberlehof" wurde 1949 im Stollen eine Lampe aus Keramik gefunden, die ins 14.-16. Jahrhundertdatiert werden kann.[95] Spätestens zu dieser Zeit ging hier der Bergbau um. Der Flurname "Poche" soll schon im 16. Jahrhundert nachweisbar sein, was auf den gleichzeitigen Bergbau hinweist.[96] Wie in Sexau und im Suggental, wurde auch hier der Bergbau im 18. Jahrhundert wieder aufgenommen, allerdings ohne großen Erfolge. 1744 soll die Grube St.Caroli wegen der Belagerung der Stadt Freiburg stillgelegt worden sein. Erst in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts wurde sie wieder in Abbau genommen.[97] Über den Bergbau in Herdern ist wenig bekannt. Ob im Mittelalter schon Eisenerz abgebaut wurde, ist fraglich. 1739 wird der Eisenerzbergbau erwähnt.[98] Das Erz wird in Kollnau verhüttet. Im 18. Jahrhundert befand sich ein Stollen beim Gasthaus Schwanen, vier Stollen am Fuße der Eichhalde und zwei Stollen am Waltersberg.[99] 15. DER URGRABEN. EIN MEISTERWERK MITTELALTERLICHER TECHNIK Der Urgraben am Kandel ist der Rest eines nach 1284 gebauten Wassergrabens, welcher das Wasser von der Ostseite des Kandels zu den auf seiner Westseite gelegenen Bergwerken brachte. Er stellt eines der bedeutendsten technikgeschichtlichen Denkmäler Deutschlands dar. Zum einen ist er einer der wenigen sicher datierbaren Hangkanäle. Der Bau eines derartigen Kanales stellte große Anforderungen an die Vermessungstechnik und an den Wasserbau. Daneben mußten auch Transportprobleme gelöst werden. Mit 15 km ist er einer der längsten derartiger Kanäle. Es mußten drei Wasserscheiden überwunden werden, einige Felspartien durchgraben bzw. abgetragen werden und schließlich am Luser ein Stollen unter dem Sattel angelegt werden. Ferner ist mit (heute verschwundenen) Ausgleichsbecken zu rechnen, welche die Überquerung der kleineren Bäche ermöglichten. Der Urgraben nimmt am Zweribach seinen Anfang. Das Wasser dieses Baches wird über die Wasserscheide dem Oberlauf der Glotter zugeführt. In der Nähe des Hornmeierhofes zweigt der gut erkennbare Urgraben nach Norden ab und führt von hier mit einem gleichbleibenden Gefälle bis zur ca. 5 km entfernten Wasserscheide am Rohr. Hier stürzte das Wasser mehr als 100 Meter in die Tiefe zum Lindlesdobelbach. Wenig unterhalb der Einmündung in den Bach beginnt die dritte Strecke des Urgrabens bis zum Sattel am Luser zwischen dem Glotter- und dem Suggental. Dieser Sattel konnte nur durch einen Stollen unterquert werden. Der eigentliche Wasserlauf war ca. 50 cm breit. Allerdings war ein bis zu 2 m breiter, talseitiger Damm vonnöten, um das Wasser im Graben zu halten. Wenn für jeden Meter mit 2 cbm entferntem oder herbeigeschafftem Material gerechnet wird, wurden 30 000 cbm Erde bzw. Steine bewegt. Die Unebenheit des Geländes und die Abgelegenheit berücksichtigt, wird ein Arbeiter etwa drei bis fünf cbm pro Tag bewegt haben können. Das ergibt etwa 10 000 Arbeitstage. Wenn die Strecke vermessen und ausgepflockt war, konnten sicher bis zu 100 Personen gleichzeitig arbeiten. Dadurch hätten sie den Graben in 100 Tagen fertigstellen können. Diese Rechnungen enthalten aber so viele Unsicherheiten, daß man allenfalls einen Näherungswert erhalten kann. Es ist denkbar, daß der Bau auch einige Jahre gedauert hat. Das Wasser diente zum Betrieb einer Wasserkunst (Fördermaschine für Wasser) im Suggental, vielleicht auch einer im Glottertal. Daß das Wasser in beiden Tälern verwendet wurde, geht aus der Urkunde von 1284 eindeutig hervor. "Ze den silberbergen ze suggental und ze des herzogenberge" heißt es dort. Es handelt sich demnach einerseits um das Revier im Suggental, andererseits um ein benachbartes Revier, welches nicht im Suggental liegt. Aufgrund der archäologischen und geologischen Forschung ist es möglich, dieses Revier am heutigen "Eichberg" im Glottertal zu lokalisieren.[100] An der günstigsten Stelle um dorthin Wasser abzuleiten, befindet sich ein 25 x 15 m großes Plateau. Dabei handelt es sich um einen verfüllten Teich, welcher der kontrollierten Verteilung des Wassers diente. Auf der Suggentäler Seite soll der Flurname "Pochiloch" in der Nähe des Oberen Adamshofes auf die Existenz einer Poche hinweisen.[101] Allerdings ist das Alter dieses Flurnamens keinesfalls bis ins Mittelalter gesichert. Selbst wenn, müsste erst noch geklärt werden, ob damit der Pochvorgang, der auch von Hand durchgeführt werden konnte, gemeint ist, oder eine mechanische Poche. Da die frühesten Nachweise von mechanischen Pochen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammen, wäre eine derartige Anlage im 13. Jahrhundert mehr als erstaunlich. Da das Zentrum des Bergbaus im Berich des Bürliadamshofes umging, wäre es sehr merkwürdig, weshalb die Bergleute das zu pochende Erz den Berg hinaufgetragen haben sollen, wenn doch das Wasser von selbst den Berg hinunterfließt. Es spricht demnach nichts dafür, sich hier eine Poche vorzustellen, welche mit dem Wasser des Urgrabens betrieben worden wäre. Allerdings sollen sich bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hier die Reste eines kleinen Staudammes befunden haben, welche dann abgetragen wurden. Dieses Speicherbecken diente wahrscheinlich als Ausgleichsbecken für den fall von Reparaturen am Graben selbst. Bei einer Wasserkunst handelt es sich um eine Maschine, die mit Hilfe von Wasserkraft Wasser hebt. In diesem Falle diente sie zum Sümpfen, d.h. Trockenlegen der unter der Talsohle befindlichen Gruben. Es gibt eine Reihe von Argumenten für die Existenz dieser Maschine, zumindest im Suggental. Der Baumeister des Urgrabens und der Wasserkunst, Meister Conrad Rotermellin, hatte Nachfahren, die bis 1350 als Erbauer von Wasserkünsten erwähnt werden. Die Art der Lagerstätte machte ein Vordringen unter die Talsohle erforderlich, was automatisch zu Schwierigkeiten mit der Wasserhaltung führte. Noch Ende des 18. Jahrhunderts waren die Reste der Radstube, in der sich die Wasserkunst befand, sichtbar, wie aus dem Bericht des vorderösterreichischen Bergbausachverständigen von Carato hervorgeht. Zu dieser Zeit wurde die Tiefe der Schächte anhand der Halden auf 120 m unter der Talsohle geschätzt. Die Gewerke, d.h. der Zusammenschluß reicher Freiburger Bürger, denen die Erlaubnis für den Bau des Urgrabens erteilt wurde, waren die Betreiber, d.h. Geldgeber der betreffenden Bergwerke. Sie treten auch 1289 im Zusammenhang mit dem Mooswald auf (siehe: "Waldnutzung"). Im Mittelalter war der fortschreitendende Bergbau unter Tage, die immer umfangreicheren Fördermaßnahmen und insbesondere die Wasserhaltung der Anstoß zur Bildung derartiger Zusammenschlüsse. Die Finanziers arbeiteten selbstverständlich nicht im Berg, sondern investierten nur ihr Geld. Entsprechend ihrer Einlage erhielten sie Anteil am jährlichen Gewinn. Diese besondere Organisationsform ist im Grunde typisch für die frühe Neuzeit, und von besonderer Bedeutung für die Wirtschaftsgeschichte. Dieses 1284 nachweisbare Gewerke im Suggental und Glottertal ist eines der ersten in Mitteleuropa. Das Bedeutende an der Wasserkunst besteht darin, daß es sich um die erste nachweisbare Anlage dieser Art in Mitteleuropa handelt![102] Diese Reihe von Superlativen hebt das Revier Glottertal / Suggental deutlich aus der Menge der anderen heraus.[103] 16. EISEN-SCHMELZWERKE IM SUGGENTAL, IM SIMONSWÄLDERTAL UND IN KOLLNAU Im Jahre 1566 wird erstmals eine Schmelze im Suggental erwähnt. Allerdings wird in diesem Zusammenhang gleich das ständige Problem des Tales aufgezeigt. Von einem Umbau der Hütte in eine Getreidemühle wird wegen des Wassermangels abgeraten.[104] Am Mundloch des St.-Josephi-Stollens konnte vor einigen Jahren eine eiserne Gußform geborgen werden, die möglicherweise von einer Schmelze stammt. Mit der Gußform wurden Kanonenkugeln hergestellt. Die lagerstättennahe Verhüttung der Erze spricht für Holzreichtum im Tal. Das kann ein Hinweis darauf sein, daß zuvor längere Zeit kein Bergbau betrieben wurde. Die Wälder des Tales dürften schnell abgeholzt gewesen sein. Dies und der Wassermangel führte zur Verlegung der Hütte in das Simonswäldertal (1575). Im Simonswald bestanden ausgedehnte Wälder, die zur Herstellung von Holzkohle genutzt werden konnten.[105] Außerdem war im Griesbachtal eine Eisenerz-Lagerstätte vorhanden. Das Schmelzwerk lag etwas unterhalb der Einmündung des Griesbachtales südlich der Wilden Gutach. Es bestand aus dem Schmelzofen, der Kohlerhütte, einem Lagerschuppen für das Erz, sowie drei weiteren Gebäuden. Wohl fast zwei Generationen lang arbeitete das Werk ohne größere Unterbrechungen. 1620 arbeiteten im Suggental und in Hugstetten je zwei Bergleute für das Schmelzwerk. Im Simonswäldertal arbeiteten 52 Holzhauer und Köhler. Die Produkte wurden nicht nur im Elztal, sondern auch im Elsaß abgesetzt. U.a. wurden Ofenplatten hergestellt. Im "Eyssen Buoch" der Stadt Freiburg (ab 1581) finden sich die Namen der Betreiber des Werkes, u.a. Friedrich Bleidisser, der auch am Schauinsland im Bergbau investierte. In diesem Zusammenhang wird erwähnt, daß 1581/82 im Simonswälder Werk 418 Zentner Eisen hergestellt wurden. Der Erlös betrug etwa 1500 Gulden. Mit dem Dreißigjährigen Krieg kam auch der Bergbau und die Verhüttung zum Erliegen. Am 22. Juli 1638 wurde das Werk durch Soldaten geplündert und niedergebrannt. Erst 1658 scheint die Anlage wieder voll im Betrieb gewesen zu sein. Die neuen Gebäude standen teilweise an anderer Stelle, wie zuvor. Jetzt waren außerdem eine Hammerschmiede und eine Pfannenschmiede vorhanden. Schon 1656 erkennt man, daß das Werk von Grund auf neu zu erbauen sei. Allerdings wird ein Neubau bei Kollnau oder Waldkirch empfohlen. Nichts geschah. 1664 stürzte die Hammerschmiede in sich zusammen. Möglicherweise wurde der Schaden behoben. Allerdings arbeitete 1682 niemand mehr. Auf Betreiben der Basler Unternehmer Balthasar Stähelin und Hugue La Lance wird bei Kollnau 1683/84 ein neues Werk errichtet. Wenige Jahre spätere arbeiteten hier ein Faktor, ein Holzhauer, ein Platzmeister, ein Hammerschmied, ein Schmelzmeister, ein Pfannenschmied, ein Mörsergießer und ein Hafengießer. Außerdem 34 Köhler und Holzhauer. Ab etwa 1693 wurde in Kollnau nicht mehr geschmolzen, sondern in Staufen.[106] Zusammen mit diesem Schmelzwerk rechnete man 1693 mit einer jährlichen Produktion von 4000 Zentnern Schmiedeeisen und 1500-2000 Zentnern Gußeisen. Unter anderem. wurden Kugeln und Granaten produziert. Erst 1730 wurde ein neuer Schmelzofen errichtet, in dem vor allem Erze aus Liel verhüttet wurden, der aber aufgrund des Erzmangels im Elztal nur bis 1755 in Betrieb war, und dann nach Staufen verlegt wurde. Das Kollnauer Werk verarbeitete Roheisen, Ende des 18. Jahrhunderts z.B. aus Bärental und Badenweiler. Ab 1800 verwaltete das Oberbergamt das Werk in eigener Regie. 1803 übernahm die Eisenhandlungs-Compagnie Stib aus Freiburg den Betrieb. Nach weiteren Wechseln wurde der Betrieb 1867 mangels Wirtschaftlichkeit eingestellt. Das Werk konnte gegen das bessere und - dank der Eisenbahn - auch billigere rheinische Eisen nicht mehr konkurrieren. 17. FAZIT Die Erforschung des Bergbaus rund um den Kandel steht erst am Anfang. Dies gilt von wenigen Ausnahmen abgesehen für alle beteiligten Fachrichtungen, wie Geologie, Archäologie, Landeskunde etc. Die Untersuchungen in den Bergwerken "Grube Caroline" im Eberbächle (Sexau) und "St.Josephi" im Suggental bieten schon heute Einblicke in die Welt unter Tage, die immer wieder neue Überraschungen bietet. Die umfangreichen Schmelzplätze entlang der Glotter harren noch ihrer Auswertung. Hier können interessante Ergebnisse zum mittelalterlichen Hüttenwesen gewonnen werden. Doch schon jetzt steht fest, daß die Reviere rund um den Kandel eine wichtige Stellung in der Bergbaugeschichte des Schwarzwaldes einnehmen. |