Institut für Ur- und Frühgeschichte der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Montanarchäologie
Gert Goldenberg -
Mittelalterlicher Silberbergbau am Birkenberg bei St. Ulrich im Südschwarzwald

Stollen und Schächte - unter Tage im Birkenberg
Topographische Karte der archäologisch untersuchten Bergwerke am Birkenberg
Archäologisch untersuchte Gruben im Birkenberg

Nachdem sich die ersten archäologischen Grabungen am Birkenberg in den Jahren 1987 und 1991 auf Befunde außerhalb des Berges beschränkten (Terrassen mit Überresten einer Erzaufbereitung, einer Bergschmiede und eines Wohngebäudes (5)), wurden 1992 und 1997 erstmals auch Bergbaubefunde unter Tage erschlossen und archäologisch dokumentiert. Hierzu wurden zwei mittelalterliche Stollenmundlöcher aufgewältigt, von denen eines (Grube 2) einen Zugang zu noch offenen mittelalterlichen Abbauen ermöglichte (6), (7).



Foto: Stollen in Schlägel- & Eisen-Technik (Grube 1) Foto: Stollen in Feuersetz-Technik (Grube 2)
Schlägel & Eisen Strecke (Grube 1) Feuergesetzte Strecke (Grube 2)

Das 1992 geöffnete Mundloch (Grube 1) erschließt einen auf 145 Meter befahrbaren Stollen, der in seiner ausgezeichneten Erhaltung ein einzigartiges Denkmal mittelalterlicher Vortriebstechnik darstellt. Beeindruckend sind die Spuren der Arbeit mit Schlägel & Eisen sowie die überaus enge und niedrige Streckenführung mit durchschnittlichen Firsthöhen von weniger als einem Meter. Eine Befahrung des engen Stollens macht die Mühen der bergmännischen Arbeit nachvollziehbar und lässt auch die Zeit erahnen, die für die Anlage einer solchen Strecke benötigt wurde; in diesem Falle können hierfür mehrere Jahre veranschlagt werden. Der Stollen erschloss über mehrere Verzweigungen verschiedene Grubenbereiche, die derzeit aufgrund der Verfüllung einzelner Streckenabschnitte mit Versatz noch nicht erreichbar sind. Dem Stollenmundloch unmittelbar vorgelagert befand sich - nachgewiesen im archäologischen Befund - eine Bergschmiede, die für die Bereitstellung des von den Berg- und Zimmerleuten benötigten Werkzeuges verantwortlich war.

Ein weiteres Mundloch (Grube 2) wurde 1997 geöffnet. Der vorgefundene Stollen zeigt im vorderen Abschnitt die für einen Vortrieb in Feuersetz-Technik charakteristischen rund-ovalen Querschnitte, während im hinteren Abschnitt die Spuren der Arbeit mit Schlägel & Eisen überwiegen. Zwei heute verfüllte Luftschächte führen nach sieben beziehungsweise zwölf Metern Strecke von der Stollenfirste nach oben an die Erdoberfläche und dienten ehemals sehr wahrscheinlich zur Bewetterung während der Feuersetz-Arbeit. Der Stollen mündet nach 23 m in einen teilweise offenen, teilweise mit Versatz gefüllten Abbauhohlraum, der die Form des ehemaligen Erzganges im Gebirge nachzeichnet.


Foto: Abbau mit Förderschacht (Grube 2) Foto: Befahrung des Förderschachtes (Grube 2)
Abbau mit Förderschacht (Grube 2) Befahrung des Förderschachtes (Grube 2)

Ein unmittelbar auf dem Erzgang angelegter Schacht mit den noch erkennbaren Umrissen einer ehemaligen Haspelstube führt 15 Meter senkrecht in die Tiefe und ist dann in seiner weiteren Fortsetzung verfüllt. Ein kurzer, im Verlauf des Erzganges angelegter Stollen von vier Metern Länge verbindet den Abbauhohlraum mit einer weiteren, benachbarten Abbaukammer. Auf der Sohle des Verbindungsstollens fanden sich bei den Ausgrabungsarbeiten mehrere Hölzer, darunter eine 2 m lange Wasserrinne aus Pappelholz, deren ursprünglicher Einsatzort nicht mehr rekonstruiert werden kann. Radiocarbondatierungen an zwei dieser Hölzer ergaben eine hochmittelalterliche Zeitstellung (14C-Alter: cal AD 1000 - 1245, Beta 113818 und cal AD 1035 - 1275, Beta 113819; Wahrscheinlichkeit: 95 %).

Foto: Schleifrillen im Schacht (Grube 2)
Schleifrillen von Förderseilen oder -ketten im Schacht (Grube 2)

An den "Stößen" (= Wänden) des Schachtes sind zahlreiche Bühnlöcher in den Fels gemeißelt, die auf den ehemaligen Holzausbau zurückzuführen sind. Im unteren Bereich des Schachtes zeigen zentimetertief in den Fels geschliffene, parallel verlaufende Rillen die Laufspuren von Förderseilen oder -ketten nach. Eindrucksvoll lassen sich an einigen Stellen die Sicherungsmaßnahmen der mittelalterlichen Bergleute beobachten: um die Arbeiten im Schacht sowie in tiefer liegenden Grubenabschnitten nach oben hin abzusichern, wurden in die nach dem Abbau des Erzes verbliebenen offenen Spalten an geeigneten Engstellen größere Gesteinsbrocken verkeilt und die darüberliegenden Hohlräume mit Abraum aufgefüllt (Versatz); nur so war es möglich, den von den Seiten auf die Hohlräume einwirkenden Gebirgsdruck aufzufangen und die für den Bergwerksbetrieb wichtigen Grubenteile auf längere Zeit hin offen zu halten.

 


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